
E5 Spielmannsau-Vernagt mit Kaunergrat
Tag 1: Kemptener Hütte

Jetzt geht’s also los, auf das umfänglichst dokumentierte Teilstück des Fernwanderwegs E5 von Oberstdorf nach Meran. Hier in abgewandelter und etwas verkürzter Form von der Spielmannsau zum Vernagter Stausee. Lesen und sehen kann man viel über den E5. Auf YouTube, in Blogs, in Reiseführern. Eigentlich beginnt dieser Fernwanderweg in Pointe de Raz an der französischen Atlantikküste und endet in Avesa (Verona). Eröffnet wurde er am 2. Juli 1972 als Fernwanderweg Bodensee-Adria. Weitere Teilstücke kamen in den folgenden Jahren hinzu. Das Teilstück von Oberstdorf (813 m) bis zur Spielmannsaus kann man beruhigt überspringen, wenn das eigentliche Ziel das Bergwandern ist oder es schifft. Das letzte Teilstück vom Vernagter Stausee nach Meran ist sicherlich noch recht interessant. Wir lassen es dennoch aus. Die erste, sehr kurzen Etappe zur Kemptner Hütte ist sagenumwogen und die erste Herberge für Menschen jeden Alters und jeder körperlichen Verfassung. Ein professionell betriebenes Durchgangslager. Entspannt geht anders.
Nach etwas weniger als vier Stunden und 961 hm, viel Nebel und Regen, erreichen wir die Kemptner Hütte. Dies ist unsere erste Hütte auf dem E5 und auch eine der meist frequentierten der Tour, zumindest wenn man den Berichten im Internet glauben darf. Es war ein sehr nasser Weg, die Hütte ist voll aber recht gut organisiert.
Zusammenfassung: 8,3 km/+1095 m/-134 m
Tag 2: Memminger Hütte
Am nächsten Tag geht’s weiter zur Memminger Hütte. Allerdings nicht über den Normalweg nach Holzgau, sondern vorbei an der Jöchlspitze zur Jöchlspitzbahn. Von hier oben kann man die anderen Wanderer hin und wieder gut beobachten, wie sie in langen Schlangen ins Tal ziehen. Wir haben unsere Ruhe, sehr schön! Wenn man sich nicht versteigt. Würde uns ja nie passieren… Anfangs ist das Wetter noch besser als am Tag zuvor. Im Laufe des Tages wird sich das jedoch ändern.

Manchmal sind die Wege nicht so einfach zu finden oder die Markierungen etwas verwaschen. Versteckt. Oder wir sind einfach zu verplant. Hier sind wir einem wohl etwas älteren, im Verlauf dann verfallenen Pfad gefolgt, der immer weiter Hang abwärts führte. Am Ende mussten wir wieder steil Bergauf, um wieder auf den Weg zu stoßen. Ein sehr anstrengender Umweg, der sich nicht lohnt.

Der Weg war toll, bis auf den ungeplanten Umweg. Aber jetzt noch ins Tals absteigen? Das wollen wir unseren Knien noch nicht antun, also geht’s abwärts mit der Jöchlspitzbahn. Teuer aber gut war’s!
Der Tag hatte uns trocken begrüßt, sich dann jedoch sehr windig, nass und kalt verabschiedet. Auch Donner und Blitz ließen es sich nicht nehmen uns zu zwingen, das Tempo zu erhöhen. Glücklich in der Hütte angekommen, wurden wir sofort vom E5-Alltag eingeholt. Sehr viele Menschen, sehr voll. Am nächsten Morgen sollten wir uns wieder mit vielen anderen Wanderern auf den Weg zur nächsten Hütte begeben.
Zusammenfassung: 28,5 km/+2073 m/-1661 m (Bahn: 1,6 km/+4 m/-545 m)
Tag 3: Zams
An der Oberlochalm (1800 m) angekommen sind die ersten 800 hm Abstieg überstanden. Eigentlich ist die Alm wohl bewirtschaftet, das Vieh war jedoch schon verschwunden. Die Spuren waren eindeutig und großflächig auf den Wegen verteilt.
Danach legten wir eine kurze Pause an der Unterlochalm (1558 m) ein: Skiwasser und Kaffee. Kraft für den restlichen Abstieg. 1600 hm sollten es an diesem Tag insgesamt werden. Und der Beginn eines schmerzenden Knies für den Rest der Tour.
Angekommen in Zams (748 m) mussten wir dann feststellen, dass wir eigentlich eine andere Unterkunft gebucht hatten, in einem anderen Ort. Glücklicherweise war in einem Bauernhof noch ein sehr schönes Zimmer mit Dusche frei. Zum Abendessen gab’s eine Pizza in einem E5-Wanderer-Restaurant im Dorf.
Zusammenfassung: 15,2 km/+568 m/-2008 m
Tag 4: Wiesenhof
Wir wollten den E5 möglichst ohne Hilfsmittel und zu Fuß begehen. Zumindest schließt dies Bergbahnen bergauf und Bus sowie Taxi ein. Eine Seilbahn oder einen Sessellift bergab ist hin und wieder dann doch erlaubt, den Knien zuliebe. Deshalb hatten wir uns vorgenommen, von Zams zum Wiesenhof zu gehen, ohne die Venetbahn zu nehmen. Leider sind die Wege dafür nicht ausgelegt. Außer uns wird sich hier wohl noch selten ein Wanderer verirrt haben. Serpentinen durch den Wald, schlecht beschildert und das alles in strömendem Regen.
Dann, endlich eine Hütte! Der Weg bis hier war schon sehr lang und nicht unbedingt interessant. Die Jägerhütte (1690 m) scheint eine Skihütte zu sein. Wenig war los, die Musik schon etwas gewöhnungsbedürftig. Die Wirtin freundlich bis gelangweilt, denn wir waren wohl die einzigen Gäste an diesem Tag. Das Ziel dieser Tagesetappe, der Wiesenhof, war ihr nicht bekannt. Schon der erste Hinweis darauf, dass wir noch einige Stunden unterwegs sein würden. Die Wirtin schlug vor, ins Tal abzusteigen und den Bus zum Naturparkhaus Kaunergrat zu nehmen. Wir entschieden uns dagegen, packten unsere Sachen und machten uns wieder auf den Weg.
Nach mehr als 36 km, 2200 m An- und 1300 m Abstieg endlich am Ziel! Die Köchin war wenig amüsiert und recht unfreundlich. Ihre Chefin könnte etwas besser mit der Situation umgehen. Wir hatten uns verplant. Kommt vor. Dennoch war das Abendessen für die Köchin wichtiger als unsere körperliche Verfassung oder die Geruchsbelästigung der anderen Gäste. Wir wurden direkt ins Restaurant geordert, damit das Essen serviert werden konnte. Das Frühstück im Wiesenhof gibt’s nicht vor 8 Uhr. Die nächste Etappe zur Verpeilhütte (2009 m) war zur Entspannung gedacht.
Zusammenfassung: 36,2 km/+2223 m/-1357 m
Tag 5: Verpeilhütte
Ein wirklich schöner Weg vom Wiesenhof zur Falkausalm (1961 m). Tolles Wetter, schön sonnig und warm, zumindest in Bewegung. Es gab hausgemachte Buttermilch von den Kühen auf der Weide unterhalb der Alm. Hier weidet Vieh von verschiedenen Bauern. Nette kleine Alm, angenehme Zwischenstation, bevor es auf den Dr.-Angerer-Panoramaweg geht. Die nächste Zwischenstation wird die Gallruttalm (1977 m) sein.
Erst hoch dann wieder runter zur Gsallalpe (1800 m). Dann wieder hoch am Schweikert vorbei auf ungefähr 2200 m wieder runter auf 1900 m und wieder hoch zum Verpeilhütte auf knapp über 2000 m. Tolles Wetter, doch der Weg zieht sich! Anstrengend vor allem für die Knie.
Der Name ist hier schon irgendwie Programm, auf der Verpeilhütte (offiziell 2025 m). Wir mussten heiß duschen, kalt war verboten. Aber trotzdem war es eine urige Hütte mit einer schönen Stube. Wir waren nur neun einsame Wanderer auf dem Weg zur Kaunergrathütte (2810 m). Das alleine entschädigt für die Strapazen bis zum Wiesenhof, die schlaflosen Nächte und die vollen, lauten Hütten.
Zusammenfassung: 14,6 km/+1460 m/-1010 m
Tag 6: Kaunergrathütte
Angekommen an der Kaunergrathütte (offiziell 2817 m). Es war eine klasse Tour über das Madatschjoch (3030 m). Wir sind den Weg zusammen mit einer lustigen Dreiergruppe gegangen. Die Vierertruppe, die wir auf der Verpeilhütte getroffen hatten, war noch hinter uns, aber schon in Sichtweite. Einmal kalt waschen und dann ab in die warme Stube. Dies ist die letzte Hütte auf der Kaunergrat-Variante. Schön war’s, morgen müssen wir zurück auf den E5 zur Braunschweiger Hütte (2750 m).
Zusammenfassung: 6,9 km/+1182 m/-332 m
Tag 7: Braunschweiger Hütte
Eine Kletterstelle (2342 m) am Cottbuser Höhenweg war einfach toll. Sehr viel “Eisen im Berg”, interessant und keine Sau weit und breit! Die nächste Station ist die Riffelseehütte (2286 m). Mit Seilbahn und direkt am E5-Normalweg. Es wird voll werden. Wir werden Flip-Flops sehen. Aber es wird auch etwas zu essen geben, für uns! Da die Bedienung unsere Bestellung irgendwie falsch aufgenommen hatte (das Attribut “vegetarisch” verwirrt noch immer viele Leute), bekommen wir ein abgewandeltes Bergsteigeressen und sparen damit ein paar Euro.
Die Braunschweiger Hütte (offiziell 2759 m) war trotz vielen, vielen, sehr vielen Menschen (dank mehrerer Gruppen) sehr gemütlich und sehr gut organisiert. Wir hatten leider einen ungünstigen Tag erwischt, um wieder auf den E5 einzuschwenken. EIn Tag später und es wäre sehr viel entspannter gewesen. Das Skigebiet Sölden wird am nächsten Tag auf unsere Stimmung drücken: eine solch verschandelte Landschaft ist wirklich traurig anzusehen!
Zusammenfassung: 19,1 km/+1571 m/-1523 m
Tag 8: Martin-Busch-Hütte
Die vorletzte Station auf unserem Weg über die Alpen: die Martin-Busch-Hütte (offiziell 2501 m). Irgendwie merk man einer Hütte die Sektion an, zu der sie gehört. Hier geht’s preußisch-kühl und verplant zu. Muss man nicht mehr hin. Vielleicht wären wir besser in Vent geblieben. Doch eigentlich wollten wir einen kurzen Abstecher auf die Kreuzspitze machen. Wir entschieden uns für die gemütliche Variante: auf zur Similaunhütte und Abstecher zur Ötzi-Fundstelle (3212 m).
Der Weg von der Braunschweiger Hütte zur Martin-Busch-Hütte war zum Teil einfach grausam (Sölden), zum Teil aber auch wirklich schön (Weg runter nach Vent). Einen kleinen Teil sind wir mit dem Bus gefahren, da der Anblick der ganzen Skilifte die zusätzliche Anstrengung nicht wert gewesen wäre.
Zusammenfassung: 25,4 km/+1406 m/-1631 m (Bus: 3,16 km/+172 m/-45 m)
Tag 9: Similaunhütte
Der höchste Stützpunkt auf unserer Tour, die Similaunhütte (offiziell 3019 m). Normalerweise gehen die E5-Geher hier durch und steigen direkt ab. Wir dachten uns: bleiben wir hier, wird sicher nicht so voll. Tja, falsch gedacht. Trotz Reservierung einige Monate vorher mussten wir ins Nebengebäude. Der Haus war voll, unser Schlafquartier auch. Die Nacht war grausam, vermutlich war die Hütte Überbelegt. Nie mehr eine Nacht in der Similaunhütte: teuer und ungemütlich. Schade, denn auf diesen Tourabschluss hatten wir uns gefreut. Dafür werden wir noch die Ötzi-Fundstelle besuchen (1,82 km/+317 m/-116 m). Auf dem Rückweg fängt es an zu donnern und zu schneien.
Zusammenfassung: 4,7 km/+578 m/-41 m
Tab 10: Vernagter Stausee
Wir sind am Ziel angekommen, am Vernagter Stausee (offiziell 1689 m). Zwei weitere Tage hätten wir noch anhängen können, hinab durch das Schnalstal bis nach Meran (352 m). Wir hatten uns dagegen entschieden und sind froh. Die Tour war schön, zum Teil. Die Kaunergrat- Variante war einfach klasse, auch manche Teilstrecken des Normalwegs waren landschaftlich schön. Dennoch ist der E5 einfach zu überlaufen. Es ist ein Hype, ein veranstalteter Hype, der durch die Bergschulen befeuert wird. Wir haben es probiert, wir werden es nicht wiederholen. Wenn wir wieder auf eine solch bekannte Tour gehen, dann planen wir mit Alternativen. Alternativen, auf denen weniger Menschen in Konvois gehen, auf denen weniger Menschen in Hütten übernachten.
Zusammenfassung: 7,3 km/+49 m/-1320 m